Nach der Traditionellen Chinesischen Medizin existiert im menschlichen Körper ein unsichtbares aber wohl fühlbares Meridianensystem, bestehende aus 20 Meridianenbahnen und Hunderten von Meridianpunkten (das sind die Tore des Qi). Es ist wie ein Netz im Körper verteilt. Das System verbindet alle inneren und äußeren Organe, sowie die fünf Sinnesorgane, die Haut, die Körperglieder, die Muskeln und die Knochen miteinander.

In diesem Netz fließt sowohl das Qi, als auch das Blut, das ja dem gesamten Körper Nährstoffe zufügt. Beide, das Blut, wie das Qi sorgen für die Balance von Funktionalität und Harmonie in der Bewegung. Stimmt diese, bleibt der Mensch gesund.

Bei einer Störung des Systems erkrankt der Körper. In diesem Fall bedarf der Körper einer Heilung. Es ähnelt einem Verkehrssystem: Wenn irgendwo ein kleiner Stau entsteht, dann wächst dieser durch darauf fahrenden Verkehrmitteln immer mehr an. Wenn nicht rechtzeitig Maßnahmen ergriffen werden, wird schließlich der ganze Verkehr lahmgelegt.

Das Meridianensystem findet auch Anerkennung in der modernen Schulmedizin. Es wird anerkannt als ein System, das außerhalb der neun Kreislaufsysteme (Verdauungssystem, Nervensystem, Sekretionssystem usw.) existiert und als eine Art „Superkreislauf“, der die anderen neun reguliert, bestätigt.

Das Taiji Quan enthält Elemente der Meridianentheorie. Seine speziellen Übungsmethoden, die auf der Zusammenarbeit von Geist, Bewusstsein, Qi und Kraft beruhen, sorgen für einen unbehinderten Meridianfluss.

Im Folgenden werden ein paar Aspekte des Einflusses des Taiji Quan auf das Meridianensystem erläutert.

In der Vorbereitungsphase wird vom Übenden eine bewusste Ruhe eingefordert. Man konzentriert sich auf seinen Scheitelpunkt, genannt der „Ort der hundert Treffen“ – Baihui. Die Zungespitze lehnt sich dabei an den Obergaumen an um die Elsterbrücke zu schließen. Zugleich wird das Bewusstsein auf das Dan Tian1 gelenkt und der After hochgehoben. Bei Einhaltung dieser Regeln werden die beiden Hauptmeridianenbahnen, das Dienergefäß und das Lenkergefäß, die entlang der Körpermitte verlaufen, aktiviert. Das wiederum führt zu der Stärkung der Lebensenergie und bildet eine gute Voraussetzung, mit der Übung zu beginnen.

Die Übung erfordert eine bewusste Entspannung der Muskeln. Die Bewegungen werden langsam, rund und fließend wie die einer Spirale ausgeführt. Dadurch trainiert man die verschiedenen Muskelnschichten, damit das Qi in den gesamten Körper eindringen kann. Das ist eine sanfte aber effektive Methode um den Meridianfluss zu fördern. Ferner hat auch die Atemtechnik des Taiji Quan einen positiven Einfluss auf den Meridianfluss (doch dazu mehr unter „Die Atemtechnik“).

Außer den alleinigen Übungen sind Taiji Partnerübungen (Pushhands) für die Förderung des Meridianflusses sehr zu empfehlen. Das Pushhands beruht auf dem Yin-Yang-Prinzip, der fünf Elemente- (Wu Xing) Lehre sowie der Taiji Quan Techniken. Während der Übung halten die Übungspartner abwechselnd an mehreren Körperstellen Kontakt. Der ständige Wechsel der Berührungspunkte erfolgt sanft und ohne Berührungsverlust. Durch Pressen, Drücken, Reiben und Kneten werden die entsprechenden Meridianpunkte des Übungspartners massiert und stimuliert.

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1 Dan Tian: Das geistige und körperliche Energiezentrum, befindet sich ungefähr zwei Fingerbreit unterhalb des Bauchnabels